Erleuchtung, Sex und Träume: Alles, bloß nicht kochen.
Samstag, 12. April 2014
Hört sich so an, als würde ich bei BASF jobben und genmanipulierte Klone in Käfigen davon abhalten, Schlimmes anzurichten, zum Beispiel mit ihrem giftigen Schleim alles vollzusabbern und dabei aus schlechten Texten zu zitieren. Ich weiß aber gar nicht, ob bei BASF überhaupt literarisch gearbeitet wird. Dabei ist dieses Labor tatsächlich hochkarätig besetzt. Jemand der die Erscheinungen benennt, jemand, der sie im Auge behält, wenn sie schlafen (oder weil sie schlafen, auf jeden Fall eindeutig zu viel), jemand, der sie ab und zu befächelt, und dann noch ich, ich bin dazu da, mit dem Bunsenbrenner die Temperatur zu regulieren. (Meine Güte, war das schwierig, die drei gunas da unauffällig einzuschleusen). Jedenfalls sind wir die Gunas und der erstgenannte der andere. Oder die andere.
Am besten ich hör' gleich wieder auf. Keine Charaktere erschaffen. Die müsste ich dann füttern und das hier nähme nie ein Ende, denn, zack, sind wir schon bei der Erschaffung der Welt und die Gunas nämlich ihre Ausführer.
Oder Anführer, so mit Kutte und so. Falsche Freunde mit großer Macht. Denn warum sollte sich jemand überhaupt etwas vorstellen, frag ich mich. Das Nichts hätte doch gereicht. Aber Nichts gibt's nicht. Also.
Schreib'm.
Assoziatives Schreiben, passender: meditatives Schreiben. Gibt's das schon? Muss mich hier ja erst ein bisschen einrichten und konzeptionell vortasten. Ich könnte mir andererseits Geschichten erzählen, deren Ende ich selbst nicht kenne. Mich erst in Erregung schreiben mit erotischen Phantasien, danach in den Schlaf. Könnte Kosmologien entwickeln als Gott einer Welt, die mir besser gefällt als die, in der ich jetzt rumlaufe. Mit seltsamen Lebewesen und noch seltsameren Umständen, z. B verrückten Naturgesetzen, aufregenden Sexualtechniken, na, die gibt's ja schon, aber andere Ekstasen, die über die Leute herfallen, mitten bei der Arbeit – wenn sie überhaupt arbeiteten. Kapitalismus ist nämlich doof.
Würde sie in solch einer Welt wieder auftauchen? Könnte ich dort mit ihr weitermachen?



Freitag, 11. April 2014
¶ Karma
Ich arbeite in einem Labor, das sich mit der Pflege von Erscheinungen befasst. Die können von natürlicher oder künstlicher Art sein. Der Begriff Erscheinungen trifft's dabei nicht ganz, wie ich finde, man könnte sie auch Gestalten nennen oder Formen. Allerdings scheinen sie nur zu sein, deshalb ist Ersterer doch irgendwie passend. Man hat lange drüber nachgedacht, und die Mitarbeiterin mit dem hübschen Hintern ... naja, ist auch egal wie hübsch ihr Arsch ist, jedenfalls wurde ihr Vorschlag genommen. Erscheinungen, die zu sein scheinen, soso. Wer zum Fenster reinschaut, sieht uns hier sitzen und nichts tun. So scheint es jedenfalls.
Gerade wollte ich was über karma schreiben, also hab ich mich in Gedanken damit rumgeschlagen, wie man's auch dem Blödsten beibiegen kann, während ich mit dem Rad zur Arbeit fuhr. Dabei wurde ich nicht nur von einem Regenschauer durchweicht, sondern kreuzte die Straße bei roter Ampel, erst weit hinten das nächste Auto, ich gut im Flow, also rüber, und eine Sekunde später mitten auf der Straße erkannte ich bereits, dass es ein Polizeiwagen war. Ich rein in die kleine Straße, und schon am visionieren, ob ich schnell die Hofeinfahrt nehmen soll, dann wäre ich weg, weil sie ja erst hintenrum fahren müssten, und in der Zeit hätte ich das Rad irgendwo hingeworfen und wäre ins Haus geschlüpft und hätte mich im Klo versteckt, falls sie mich in den Fluren festzunehmen suchten. Vielleicht ist es ihnen auch egal, Leute fahren ja dauernd bei rot. War's ihnen aber nicht, sah ich im Augenwinkel, und statt zu flüchten fuhr ich langsamer, damit sie mich beim Kreuzen nicht auch noch überfahren. Dann standen wir da so rum und taten, was getan werden musste, Ausweis raus, und ob ich nicht, und sie müssten doch, und würden jetzt. Formular bis zum Durchschlag unterschrieben, ich gab alles zu, zum Leugnen war meine Tat zu offensichtlich und der weiblichen Kollegin schon fast peinlich, dass sie mich erwischt hatten, so cool war ich.
So, und damit ist karma auch schon erklärt, liebe Kinder, es hätte nicht einfacher sein können: Das eine ist eine Folge des anderen, manchmal folgt es früher, manchmal später. In diesem Fall praktisch sofort. 45 Euro und einen Punkt in, äh, Flensburg.



Donnerstag, 10. April 2014
Wer weiß schon, ob wer wirklich erleuchtet ist, aller Wahrheit nach ist alles bloß Fiktion. Vielleicht wissen es einige meiner Lehrer, aber nur einer von ihnen hat die verschiedenen samadhis erreicht. Glaube ich jedenfalls. Ich kann mich noch an so einen Gesprächsabend im Garten erinnern, der mit großartigem Drogenmissbrauch endete. Sowas törnt total ab. Wenn's nicht mehr um Sex geht, gehen immer noch Drogen rein, oder was. Ich selbst bin schon mein Leben lang clean. So'ne Art Nicht-Thema. Außerdem war mir das Geld zu schade.
Der Wunsch nach Ekstase ist nicht der gleiche wie der nach totaler Freiheit. Ich weiß selbst, wie süchtigmachend eine gute ekstatische Erfahrung ist. Beispielsweise beim Sex. Oder in der Natur. Davon bitte noch mehr, steht als Sinnspruch über jedem Bett, das nicht nur zum Schlafen da rumsteht. Oder über jedem anderen möglichen Ort ekstatischen Geschehens. Dieses bitte ist das Fatale. In diesem bitte steckt Hilflosigkeit und Angst. Auch wenn das bitte da nicht stünde, wär‘s trotzdem dasselbe.
Ekstase findet in der Zeit statt, Freiheit hingegen katapultiert dich aus allen Zusammenhängen raus. Für immer. Das ist die volle Wahrheit. Du stehst für immer draußen und gehörst nicht mehr zum alten Filmteam.
Ich habe gerade ein Buch zweier Autoren gelesen. Der eine ist der aus dem Garten, den anderen kannte ich noch nicht. Was der andere schrieb, hat mich umgehauen, das war so verdammt ehrlich, dass der sich das traut, dachte ich. Und trotzdem schrieb er ja bloß von dem, was ich auch kenne. So möchte ich auch schreiben, total offen. Deshalb habe ich auch die Kommentare abgestellt, die würden mich bloß ablenken. Da müsste ich dann wieder zurückkommentieren, erklären oder gar mich rechtfertigen und das macht keinen Spaß. Ich will nur mir gefallen. Die meisten verstehen sowieso nicht, worum es hier geht.



Mittwoch, 9. April 2014
¶ Blini?
Klingt. Wie etwas, das ich gut kenne. Ich hab Tage mit der Entdeckung zugebracht, dass ich mich gar nicht verstecken kann. Kommt alles von diesen Schuldgefühlen. So als könnte ich einer Strafe entkommen, wenn ich mich im Gewühl der Welt verlöre, so als könnte mich niemand sehen, wenn ich nur die Augen zumachte. Mich klein machte und unauffällig. Dazu noch mit dem Strom schwimmen, einem Strom von flüssiger Scheiße. Alles stinkt. Ja, das ganze dann mit ein paar Kraftausdrücken spicken und fertig.
So jetzt mal – da muss doch sprachlich nochwas rauszuholen sein. Eine Ungeduld steckte in ihr, nicht nur ich. Und in mir auch, nervöse Geister, die mehr wollten. Was sie wollte, wusste ich nicht, aber für mich zählte nur eines: mich von Kram befreien, befreit sein, free. Tief im Innern wusste ich, ich würde über Leichen gehen, Loyalität war für mich ein überstrapazierter Begriff aus einer vergangenen Zeit, den 60ern vielleicht. Wo alle so schlau taten, aber das Unheil seinen Lauf nahm und anfing über meinem Kopf zu schweben, als wäre ich allein Schuld an allem. Diese Schuld-Idee hatte mich ewig lange getragen, manchmal quälen mich noch Bilder von Ungerechtigkeit und Leid. Aber ich kann nicht mehr tun, als hier sein und in Frieden.
Von hier aus ist alles friedlich. Soweit. Von draußen schweben Geräusche zu mir, schön in Stereo, ziemlich echt das alles. Ich vergleiche meine Träume mit Realem, es ist nicht mal so, dass die Träume weniger Details aufwiesen, sondern eher mehr. Wenn ich davon ausgehe, dass dies mein eigener Film ist, kann ich nur staunen wie echt das alles wirkt. Und so sind Leben und Traum aus der gleichen Realität gewoben, ein großes Laken drumrum, alles draufprojeziert, alles mit Sinnen erfahrbar. Man könnte das Höhlengleichnis strapazieren. Das ist wirklich irre, wenn man's erstmal geschnallt hat.
Vorausgesetzt du konzentrierst dich, kannst du dich in jeden Film reinspielen. Und wieder raus. Das ist das, was wir die ganze Zeit sowieso machen. Mitspielen. Und darüber vergessen, dass es ein Film ist. Das passiert besonders, wenn man glaubt zu lieben, und anfängt, sich in diesem Gefühl einzurichten. Auch 'ne Art, sich zu verstecken. In einem Dickicht von Schamhaar sozusagen. (Worüber sich jederzeit einiges sagen ließe.)



Dienstag, 8. April 2014
Ich wollte erst Ficktion titeln, aber das wäre wohl etwas blöd. Aber gut, beschlossen zu haben, dass das, was ich schreibe, nicht zwanghaft real sein muss. Ob es wahr ist, ist eine andere Sache. Was anderes als die Wahrheit kann ich sowieso nicht.
Die Verzweiflung jedenfalls, die sie manchmal erfasste, schien echt. Sie begann, mir Vorwürfe zu machen, aber darauf reagierte ich nicht. Ich konnte gar nicht. Vielleicht war ich der Auslöser ihrer Dramen, aber bestimmt nicht der Grund. Wir waren damals beide nicht besonders klar im Kopf, das Sexuelle beraubte uns jeder Unterscheidungsfähigkeit. Ich verstand nicht, warum dauernd so'n Unheil über uns schwebte und fand ihr Verhalten kindisch. Dann wieder war sie äußerst weitsichtig und hielt mir Vorträge über die Art unserer Beziehung. Sex, Freiheit, Nähe, Freundschaft. Aber das Rerede und Geficke laugte uns komplett aus und am Ende trennten wir uns, oder sie sich, jedenfalls war ich halbfroh, dass es vorbei war. Schade um den schönen Sex. (Wer schrieb das noch.) Seltsam, wenn zwei Leute sich gegenseitig schade sagen.
Es gab eine Zeit, schon wieder dieser Satzanfang, da ich ein Kind war. Obwohl etwas ängstlich, bewegte ich mich in der Welt, als wäre sie die Meine. So ohne Trennungsgefühl, das kam später. Es hielt eine Weile an, Jahrzehnte, und jetzt ist es wieder fort.
Jetzt durchschaue ich all meine Trennungen. Sie sind nichts weiter als ein Umstand der Vergänglichkeit. Solange es etwas gibt, vergeht es auch wieder. Das ist teils bedauerlich, oft aber auch JUCHHU, endlich vorbei. Ich hätte niemals geglaubt, dass ich das jemals begreifen würde. Ein Satz mit niemals und jemals.