Erleuchtung, Sex und Träume: Alles, bloß nicht kochen.
Mittwoch, 9. Juli 2014
"Die Welt ist ein Ort des Widerspruchs. Hier geht alles zusammen, aber nichts einher. Hier wird die Liebe vom Hass begleitet, die Wahrheit von der Lüge. Der Grundlosigkeit stehen Gründe gegenüber und dem Wort das Widerwort. – Das ist einfach so, da ist nichts zu machen...
Aber genau das ist der einzige Grund, warum es sich so fatal auf uns auswirkt, wenn wir uns hier niederlassen und glauben, dass „die Realität der Welt“ unsere Realität ist. Die Realität der Welt zeigt mir, was mich von mir trennt [sic!]. Sie stellt mir alle Möglichkeiten vor. Hier geht Krieg ebenso wie Frieden und Harmonie, denn hier werden Unterscheidungen getroffen, die es nicht gibt..."


Daniel Herbst, Aus dem Einen – by itself



Dienstag, 8. Juli 2014
Bloß nicht! Habe heute einen Film gesehen, in dem ein Swami Yogaübungen gegen Gelenkschmerzen vormacht. Hände, Schultern, Füße, alles wurde gedehnt, massiert und bewegt. Vor allem seine Füße hatten es mir angetan, schöne Füße mit rosigen Sohlen und beweglichen, geraden Zehen, duftend, so wie natürliche Füße eben.
Ansonsten: Bitte keine nackten Füße mehr im Netz oder auf Urlaubs- und sonstigen Fotos. Keine Bilder von in falschen Schuhen verkrumpelten Frauenfüßen, die, ach wie lustig! ins Foto reinragen, am Meer oder im Wald, bitte auch nicht am Berg oder im Gras. Und schon gar nicht unförmige Zehennägel, die obendrein durch roten Lack zu schaurigem Leuchten gebracht werden. Leute, ihr habt keine schönen Füße, auch wenn ihr vorher grad bei der Pediküre wart, allein schon, dass ihr zur Pediküre geht, zeigt, dass etwas mit euren Füßen nicht in Ordnung ist und eine Behandlung nötig macht, die eure Füße angeblich vollständig zum Besten verändern können. Nein. Eher bekommt man ein Gefühl von verstecktem Pilz- oder Stinkefuß oder diesen rissigen Dingern mit Fersen wie graue Steine. Und dazu gelbe Nägel! Unrettbar ekelig.
Passt bitte auf, wem ihr eure Füße zeigt. Es gibt nur wenige schöne.
Meine zum Beispiel.



Dienstag, 17. Juni 2014
Wir müssen hier weg, bevor auch wir vertrocknen. Die Landschaft ist schon hinüber, die Blumen braun von Dürre, die Erde staubig, sogar das Holz der Häuser, trocken, und die Farbe blättert und schlägt Blasen. Es gibt keine andere Möglichkeit, diese Ebene zu verlassen als den Selbstmord. Den Körper töten, damit die Seele weiterkann, am besten noch bevor der Körper von allein stirbt an der Trockenheit, denn dann wäre es zu spät.
Die Farben, die Bilder dieses Traumes, alles detailreich und sehr bunt, ein Licht, das strahlt, natürlich ist es brennend, die Freundlichkeit trügerisch und am Ende tödlich.
Wir sind nur noch wenige.
Es ist seltsam, den Körper bewusst hinter sich lassen zu müssen. Wir zögern, vielleicht geht es ja doch irgendwie weiter, und wir wären zu voreilig gewesen. Die nächste ist S., sie findet einen Trichter mit Wasser, aus dem Licht farbig gleißend herausstrahlt, sie steckt erst ihre Hand hinein, dann den Arm und obwohl sie eher dicklich ist, saugt das Behältnis sie mit einem leisen Geräusch vollkommen ein, und fort ist sie.
Ich begreife, nur das Wasser, das uns aber fehlt, würde den Körper auflösen und den Geist befreien. Es gibt noch wenige dreckige Pfützen und da passen wir nicht alle zusammen rein, und es würde auch nicht funktionieren, denn das Wasser muss vollkommen sauber sein und leuchtend.
Vielleicht gibt es noch etwas Restwasser im Gartenschlauch.
Ich bin bereit, es zu versuchen, trotzdem habe ich Angst vor der Verwandlung, die von hier genauso anmutet wie Sterben. Ich öffne den Hahn, Wasser sprüht heraus und bildet einen Regenbogen. Dort, wo es mich berührt, löse ich mich schon auf, wird die Menge reichen, um mich vollständig auf die andere Ebene zu bringen?
Ich verliere langsam mein Bewusstsein, Teilchen für Teilchen, ich habe keine Schmerzen, keine Angst mehr und am Ende bin auch ich fort.
Dort, wo ich mich wiederfinde, ist nichts und ich wache auf.



Montag, 16. Juni 2014
Ein endloser Schwall von Wörtern, kaum so artikuliert, dass man Lust dran haben könnte, aus dem Munde der Tischnachbarin, worin ich nicht eintauchen möchte, weil ich selbst mit einer Geschichte beschäftigt bin, nicht der meinen, sondern einer fremden Buch-Welt, immerhin weit faszinierender und aktueller als die Langweiligkeiten, die mich erreichen, es sind ja auch bloß zwei Meter, ich will nicht zuhören müssen, sie zwingt mich dennoch, das Monotone in ihrer Stimme ist bemerkenswert übergriffig.
Zeit für eine weitere philosophische Erörterung über Schallwellen, über den Klang, aus dem die Welt gemacht ist? Nein, lass mich hier sitzen bei Kaffee und Gebäck, die Sonne im Gesicht und das Buch in der Hand, in dem ich von Zeit zu Zeit eine Seite umschlage, seinen Spuren zu folgen, durch frostige Welten und über unwegsame Gletscher, eine Flucht vor Unstimmigkeiten und Intrigen, die Nacht durchgelesen und am Ende, heute Morgen, dann das Ankommen. Von Freundschaft gelesen und einer besseren, weil erweiterten Welt.



Mittwoch, 4. Juni 2014
Den ganzen Tag war es arschkalt, wir saßen draußen und aßen und tranken und feierten. Am Nachmittag machten wir endlich ein Lagerfeuer, wir die jungen, zu denen ich mich auch zählte. Die Erwachsenen, zu denen ich eigentlich gehörte, saßen mittlerweile drin bei Kaffee und Kuchen. Sie sprachen über ihre Berufe, über Politik, wahrscheinlich, Kunst oder über Tierhaltung und Veganismus. All sowas. Ich kann's schon nicht mehr hören.
Das Feuer im Steinrund wärmte. Dein Bruder betrank sich, die erste Erlaubnis und war dabei ziemlich lustig. Er sagte etwas verblüffend Wahrhaftiges, ich hab leider den Zusammenhang vergessen, aber es berührte und erstaunte uns, er hätte seitdem nicht mehr deswegen weinen müssen.
Von dir konnte ich meinen Blick nicht lassen. Von deiner Gestalt und deinem Gesicht. Du hast dich mir gezeigt, schau mal, steht mir das Hemd, und drehtest dich vor mir. Du bist schlank geworden, der Sport tut dir gut. Meine Bewunderung für dich ist heimlich. Niemand wird merken, wie sehr ich dich mag. Ich könnte dieses Gefühl kaum erklären, in meinem Herz ist es Licht und ewig. Es gibt keinerlei Handlung, die es zum Ausdruck brächte.
Wir sitzen noch am Feuer, die Gäste sind schon längst gegangen, reden über Filme, die wir vor Jahren gemeinsam gesehen haben, als du eigentlich zu jung dafür warst. Du überraschst mich mit deiner Sicht der Welt, der meinen sehr ähnlich.
Langsam fällt deine Attitüde ab, die der Lässigkeit und coolen Sprüche. Als wir uns voneinander verabschieden, neigen wir uns zu in der Umarmung. Wie leicht ich dich gehen lasse.