Erleuchtung, Sex und Träume: Alles, bloß nicht kochen.
Montag, 19. Mai 2014
¶ Lauter
Vorgestern wäre, hätte ich weitergeschrieben, noch ein Feuerwerk zu bemerken gewesen, dessen Licht die Wolken von unten bunt machte, rot oder grün, im Kontrast zur bläulich durchscheinenden Negativform des Himmels. Schwall um Schwall in Lautstärke und Begeisterung ansteigende Stimmen, männlich, mit Lachen gemischt. Singen dann. Jemand, der sich mit einem kurzen, noch lauteren Ton beschwert, darauf erst ein Stilletal, gefolgt von aufsässigem Gejohle.
Ich mochte die kleine erstaunte Ruhe, die unter den Männern eintrat. Beinahe lachhaft.
Ich schloss ich die Fenster, um meine Ruhe zu haben.



Samstag, 17. Mai 2014
¶ Jetzt
Rings um mein Haus wird gegrillt, ich bin allein mit mir. Sitze in der Küche, wo sich Geschirr stapelt und Essensreste, noch duftend. Solange es Erinnerungen gibt, werde ich schreiben. Wenn alles zu Ende ist, stehen hier nurmehr Worte.
Es geht hier nicht ums Sterben. Sondern darum, zu erkennen, dass die Gegenwart alles ist, was wir haben. Dort das Lachen eines Grillgastes, dazwischen eine kurze Zeile Amselgesang, weiter hinten Straßengeräusche, das Licht, das nach dem Sonnenuntergang die Küche erhellt, stetiger als die Amsel, die jetzt gerade wieder zwitschert, der Moment als Aneinanderreihung von einzelnen Momenten, unterlegt mit Duft, und immer noch dem Licht, das sich jetzt verändert zeigt, im Vergleich zum vergangenen Moment, als ich noch ein oder zwei Zeilen zuvor beschrieb, wie jenes Jetzt beschaffen ist.
Und der Körper, der mit seinen Sinnen wie Fühler es tun nach allen Seiten sich reckt, und all das Wahrgenommene für wahr nimmt. Was für eine unglaubliche Freude, dass das möglich ist.
Der Kühlschrank setzt mit seinem leisen Brummen ein und die benachbarten Grillgäste heben in einem gemeinsamem ansteigenden Gelächter imaginäre Gläser, die ich von hier hören kann, als sie aneinanderklirren.
Ab und zu weht ein kurzer Wind durch die Fenster, welche geöffnet, natürlich, dieses Hörspiel möglich machen. Da, neun Uhr läutet es dunkel herein, mit dem Wind gemeinsam, die Kapuze schirmt das empfindliche Ohr, noch heute Nachmittag war mir erkältet zumute, auch dieses Gefühl der Schwäche nur einige vergangene Momente lang, jetzt empfinde ich mich als gesund und den Himmel als rosarot, die Luft frisch mit einem Hauch gemähten Grases, das von der Holzkohle doch übertönt wird.
Nun gibt es auch Musik. Ich erkenne keine Melodie, aber was ich höre erinnert mich an Wuthering Heights von Kate Bush, wer hört heute noch Kate Bush auf Parties, jetzt steigen Erinnerungen auf, wenn ich ihnen nachgehe, werde ich aus dem Moment herausfallen.
Es wird dunkler, die nördliche Seite der Küche liegt schon schattig, hier am Fenster ist es lichter, und das Himmelrosa hat sich in ein Graublau verschoben. Die Amsel ruft, die Krähe auch, nur kurz, die Amsel wird weiter den Abend begleiten, auch die Gäste, die männlichen Stimmen werden deutlicher, wie schnell ein zwei Bier gekippt sind, während ich hier in der Küche sitze.
Ein Kissen unterm Hintern, darunter der Korbstuhl, die Füße auf der Bank. Der Abwasch noch immer unberührt.
Ich werde gleich aufstehen, das Geschirr waschen und noch ein wenig lauschen. Jetzt einloggen, den Text kopieren und ihn einfügen. Senden, ohne ihn nochmal gelesen zu haben.



Samstag, 10. Mai 2014
¶ Fragil
Ich wünschte, ich wäre ein Schriftsteller mit Schreibblockade.
Oder ein Architekt ohne Haus.
Ein Einradfahrer mit fehlendem Bein. Ein Liebhaber ohne Lust.
Ich hätte nichts zu tun, aber wäre wenigstens irgendwer. Ein Mensch mit einer Definition wäre ich. Mit einer Legitimation. So schaue ich nur.
Und sehe vor meinen Augen näher Kommendes. Schwarzes kristallines Nichts, näher, so nah, als berührte es meine Augäpfel, um sich schießlich mit ihnen zu vereinigen. Dabei leuchtet es und die Ränder meines Körpers verwischen, kaum noch lässt sich sagen, welche Größe und Form er besitzt, selbst der Besitz dieses Körpers ist fraglich.



Donnerstag, 8. Mai 2014
Meistens erinnere ich nicht mehr, was ich zuvor geschrieben habe und wenn ich dann zurückkomme, scheue ich mich, meine Sachen zu lesen. Hab ich Scheiß geschrieben? War ich überheblich? Ist meine Attitüde zum Kotzen? Vielleicht sollte ein Konzept her, also hier kommt jetzt das Konzept.
Blini ist eine Person, die angeblich erleuchtet ist, aber immer noch von Erinnerungen an eine vergangene Liebe aus der Fassung gebracht werden kann.
Geht das überhaupt zusammen?
Es muss ja.
Sowas in der Art. Daran könnte ich mich langhangeln.
Den roten Faden des eigenen Lebens findet man ja immer erst, wenn man schon steinalt ist. Was sind/waren die großen Themen? Die siehst du ja nicht, wenn du noch in der Wiege vor dich hinschlummerst. Erst nachdem du das 800. Mal den gleichen Fehler gemacht hast und ein bestimmtes Problem für dich immer noch unbeherrschbar ist, kommt da Licht rein. Also, tatsächlich, mein roter Faden ist die Liebe und die Erleuchtung; ebenso waren mir Träume wichtiger als die sogenannte Realität – die ja bloß der gemeinssame Nenner einer bestimmten Menge von Menschen ist.
Es gab Zeiten, da wollte ich Teil dieser Menge sein. Ich fand es problematisch, fortzugehen und für mich zu sein. So viele Wünsche, so viel zu erledigen, so viele Erfahrungen, die noch nicht gemacht wurden. Irgendwie war da immer jemand mit Forderungen. Tage der Abgeschiedenheit mussten geplant, kategorisiert und gerechtfertigt werden, ein Urlaub, ich bin weg, oder, ich bin grad unerreichbar, aber nächste Woche wieder voll für Sie da, immer ansprechbar für Geschichten, die Tage in meinem Kopf stakten, und ich wollte das auch so. Das war eine Art von gut und rechtschaffen Sein.
In wieder anderen Zeiten grauste es mir vor der Leere, die ich in mir fand. Oder vor dem, was dort nicht zu finden war. Immerhin war es Leere, für einen Zen-Buddhisten Grund genug, vor Freude an die Decke zu gehen, oder?
Trotzdem war die Leere grausig und eben nicht sonderlich heimelig. Sie besaß also noch genügend Attribute, um keine echte Leere zu sein.
Vertrackt.



Samstag, 3. Mai 2014
Ehrlich, eigentlich weiß ich gar nicht genau, was der Begriff Transzendenz bedeutet. Ich habe so eine halb undeutliche Vorstellung, dass es um etwas aus dem Himmel geht, das eine bestimmte Änderung in der Sichtweise hervorruft. Ich könnte natürlich nachschauen, aber vielleicht wäre ich enttäuscht, schließlich verfolgt mich das Wort schon mein Leben lang. Oder ich verfolge es –
Ok, jetzt habe ich doch mal das Wiki bemüht, also, kurz: übersteigen. War gar nicht so sehr daneben, aber eben daneben. Die eine ist eine Bewegung nach unten, die andere nach oben. Was fang' ich jetzt in der Mitte meines Lebens damit an? Ist ja nicht so, dass es häufig in meinem aktiven Wortschatz vorkommt, es ist eher eine Notlösung, falls andere Definitionen versagen. Ich hoffe, die Art wie ich es benutze, hat in der Vergangenheit nicht zu viel Peinlichkeit verursacht.
Worte sind sowieso seltsam. Am Anfang war ja das Wort. Man möchte fragen, welches denn? Und Übersetzungen sind genauso seltsam. Was im Deutschen dort als Wort begriffen wird, ist im Altgriechischen der logos, also eher eine Instanz, die das Wort hervorbringt, anstatt es selbst zu sein.
Also noch weiter zurück.
Und da steht es dann ja doch: dass das Wort sogar Gott sei. Wie immer man zu Gott steht.
Ohgott, ein Gottblog.
Ich hör schon auf.
Jedenfalls ist meine Mission, dem Ganzen auf den Grund zu gehen, dort, wo das Wort entsteht, das der logos erschafft und es gleichzeitig ist. Meditation bringt dich in die Stille, wo kein Wort mehr ist, denn eigentlich ist das Wort Klang, und der Klang ist Schwingung und zack, haben wir das, woraus die Welt gemacht ist. Aus Klang, aus dem Wort – also, geh dahin zurück, bevor das Wort war und du bist zu Hause.
Oké, das war jetzt ein bisschen schnell. Aber das ist tatsächlich der kürzeste Weg, und mehr ist darüber auch nicht zu sagen.