Erleuchtung, Sex und Träume: Alles, bloß nicht kochen.
Freitag, 30. Mai 2014
¶ Angst
Da ist immer noch so viel Angst im Körper. Ich frag mich, wessen Angst das ist. Manchmal fange ich Stimmungen und Gefühle von Menschen auf, nicht mal besonders nah sind sie mir. Da stehe ich an einer Kasse im Laden, um ein paar unverfängliche Dinge zu bezahlen und plötzlich ist da ein Schwall tiefer Depression. Die Verkäuferin zum Beispiel, die mit schlapper Stimme ich komm sofort ruft, ich beobachte sie, sie prüft etwas mir sehr unwichtig erscheinendes im Regal anhand einer Liste, danach bewegt sich ihr grober Körper in meine Richtung, klemmt sich hinter die Kasse, steckt einen Schlüssel ein und dreht ihn im Schloss. Ich will bloß etwas Textilfarbe kaufen, schwarz für meine depressiven Hoodies, aber die sind bei weitem nicht so deprimierend wie sie – was mich so fertig macht, ist was anderes. Ich bekomme einen Cent Rückgeld und wie sie mir die schmutzige Münze gemeinsam mit dem Kassenbon in die Hand drückt und mich dabei mit einem matten Blick streift. Dazu regnet es draußen, dieser Regen, der den ganzen Tag nicht aufhört und die Frau in Drogeriekitteluniform passt nicht in diese, es ist ein langweiliges Scheißleben, das sie abstrahlt, den ganzen Arbeitstag zwischen den Drogerieartikeln rumstehen, sicher alle mit Nanoplastikkügelchen und Aluminium versetzt, und es riecht nach Unnatürlichem, der Fußboden aus grauen Platten, leicht abwischbar, aber sicherlich weniger hygienisch als man denken mag.
Das dumpfe Gefühl in mir ist so überwältigend, was ist das jetzt schon wieder? schnellt mir durch den Kopf, das kann doch unmöglich mir gehören!
Ich packe mein Gut so schnell wie's geht in den Rucksack, der ist neu und die Taschen und Reißverschlüsse sind mir noch nicht geläufig und so dauert es seine Zeit und immer noch schwappt alles Schlechte dieser Welt, wie's mir scheinen mag, auf mich drauf, noch einen Blick in ihr Gesicht, trübe Haut, ebenso farblose Augen und endlich geht die Tür vor mir auf und ich bin draußen mit meinen ehemals fröhlichen Gedanken an ein cooles pechschwarzes Hoodie.
Das wir mir immer mehr klar – als wäre da draußen etwas, das dich von Zeit zu Zeit anfällt, je nach Stärke oder Schwäche des eigenen Signals stärker oder schwächer, als schwebten die Gefühlsqualitäten im Raum herum, in der akasha, und du musst sie bloß annehmen, mit Hilfe aller Sensoren, die ja unsere fünf Sinne sind, aufsaugen, einnehmen, und am Ende klebt alles im Stofflichen des Körpers fest wie die Textilfarbpigmente, schwarz oder bunt, je nach Verfassung.
Das macht mir immer noch Angst. Ich will das besser unterscheiden lernen.
Was, wenn sowieso gar nichts von von einem selbst käme, sondern alles von außen, von den Anderen.
Und, was wenn es die anderen gar nicht gäbe.