Erleuchtung, Sex und Träume: Alles, bloß nicht kochen.
Mittwoch, 16. April 2014
¶ Damals
Der Geist ist jetzt still. Da ist nicht mehr viel, an das sich meine Gedanken verschwenden. Obwohl ich, seit ich hier schreibe, wieder öfters an sie denke und an Einzelheiten ihres Körpers. Eckig mit warmer Haut und voller Lust und berührenden Zeichen des Alterns. Ich begehrte sie, gestand ich, als sie mich anschrie, was denn überhaupt mir noch Gefühle abringen könnte. Es war ein Missverständnis, ich konnte nicht über Gefühle reden, weil mir der Unterschied zwischen beiden, Gefühl und Verstand nicht klar war. Fühlen war das eine, sobald ich aber Worte dafür finden wollte, wurden sie durch genau diese Suche zu einer Sache des Verstandes. Ich selbst begreife das erst jetzt, wie hätte ich ihr das klarmachen können?
Ich war schon damals an jener Schwelle, die sich durch die Frage abzeichnet: Wer fühlt? Wer denkt? Wenn du dich zur Antwort zu bewegen suchst, findest du, dass da niemand ist. Sicher, da ist ein Körper, in dem sich alle Erfahrung zu sammeln scheint. Dieses Konglomerat an Bewusstsein ist wohl zu stark, um darüber hinwegzukommen und zu gehen.
Während unseres letzten gemeinsamen Wochenendes lag ich mit Fieber im Bett und sie las mir Stunden aus einem Buch vor, es war eines von ihren, ich hab‘s vergessen, eine Erzählung von einem realen Abenteuer oder so. Es war warm und behaglich um uns, und ab und zu döste ich ein, während sie weiter und weiter las. Ich glaube, sie schaffte fast das ganze Buch an diesem Wochenende.
Das letzte was ich von ihr sah, war ihr vermummter Körper mit dem Rucksack, ich pfiff ihr hinterher, aus dem Fenster runter, aber sie hörte mich nicht unter der Kapuze, sondern konzentrierte sich auf ihre Schritte auf dem vereisten Weg. Das nächste was ich hörte: „Ich möchte das mit uns gern beenden.“ Ich meinte mich verhört zu haben, und so fragte ich nach, und sie wiederholte es nach einem kurzen Zögern.
Ich weiß nicht, ob es mir weh tat. Aber sie fehlte mir.
Und Liebe?
Liebe ist was ganz anderes.